20. Juni 2009, Veranstaltung
von ver.di Stuttgart
Ahmet Arpad
Eine Begegnung mit
türkischer Literatur
Die Literatur der türkischen Nomaden
Die schriftliche und mündliche türkische
Literatur vor der Annahme des Islams trägt die Spuren der Nomadenkultur.
Die Natur, die Beziehung zwischen Natur und Mensch, Kriege, Siege und Niederlagen,
Katastrophen, Heldentaten und die Liebe zu Frauen und zum Vaterland gehören
zu den wichtigsten Themen der Werke aus dieser Zeit. Die ersten und wichtigsten
mündlichen Werke sind Sagen, die bei religiösen Zeremonien und bei Siegesfeiern
gesungenen Klagelieder, Liebes- und Naturgedichte und Sprichwörter bilden
weitere mündliche Werke der türkischen Literatur. Diese mündlichen Werke
beruhen auf chinesischen, arabischen und iranischen Quellen.
Die ersten schriftlichen literarischen
Werke der Türken sind die Orhon Inschriften aus dem 6. und 7. Jahrhundert,
die im Göktürk Alphabet geschrieben sind. Die Inschriften zeigen, dass
die Türken schon damals über eine entwickelte Schriftsprache und eine vielfältige
Erzählkunst verfügten. Die Inschriften, die über verschiedene Ereignisse
wie Kriege und Siege berichten, liefern wichtige Informationen über das
Leben der Türken, über ihre Leidenschaft zur Unabhängigkeit und über den
Wohlstand des Volkes.
Die moderne Türkei
Die moderne türkische Geschichte,
die von einem dynamischen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel beherrscht
wird, beginnt mit der Öffnung nach Westen und der Abkehr von der eigenen
östlichen Tradition im 19. Jahrhundert. Als Vorläufer und Pionier der modernen
Lyrik gilt Tevfik Fikret (1867-1915). Er ist der wichtigste Dichter der
Bewegung Servet-i Fünun (Reichtum der Künste).
Als Klassiker ist Ömer Seyfettin
(1884-1920), der auch in die deutsche Sprache übersetzt wurde, zu erwähnen.
Durch Seyfettin fand die türkische Umgangssprache Eingang in die Literatur.
Er trat hauptsächlich als Erzähler hervor. Von ihm wurden bisher nicht
sein wichtigstes Werk, ein sehr früher experimenteller Roman Efruz Bey
(1919), sondern seine Erzählungen ins Deutsche übersetzt. In der Prosa
wurde parallel zum Roman die Kurzgeschichte immer populärer. Ömer Seyfettin
gilt als ihr Pionier.
Der Prozess der Öffnung wurde durch
die Reformen des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk, die auf vielen
Gebieten (Alphabetwechsel, Kleider- und Kalenderreform usw.) den Charakter
einer Kulturrevolution trugen, in den 1920er Jahre beschleunigt. Die Autoren
der 1920er Jahre, die den Untergang des Osmanischen Reiches, den Befreiungskrieg
unter Atatürk und die Gründung der Türkischen Republik miterlebt hatten,
beschäftigten sich natürlich mit dieser Zeit. Liebe zum Vaterland, der
neue Aufschwung, der Neue Mensch waren die Hauptthemen von Refik Halit
Karay, Halide Edip Adıvar, Yakup Kadri Karaosmanoğlu, Resat Nuri Güntekin,
Mehmet Akif Ersoy, Faruk Nafiz Çamlıbel , Halit Ziya Uşaklıgil (vor allem
in seinen modernen Kurzgeschichten) und der dichtende Diplomat Yahya Kemal
Beyatlı.
Mit dem Lyriker Ahmet Haşim, der
in Deutschland mit dem Werk "Frankfurter Reisetagebuch" (1932) längst bekannt
ist, erlebte das osmanische Türkisch seinen endgültigen Abgesang. Die Tagebucheintragungen
aus dieser Zeit sind eine literarische Dokumentation von unvergleichlicher
Bedeutung: Aus der Perspektive eines türkischen Dichters, der "europabegeistert"
nach Frankfurt kam und von den Kriegsvorbereitungen abgeschreckt seine
Meinung revidierte, erscheint das damalige Frankfurt in einem ungewöhnlichen
Licht.
Ein sozialkritischer Autor des 20.
Jahrhunderts war Hüseyin Rahmi Gürpinar (1864-1944). Er thematisierte vor
allem soziale Ungerechtigkeit und Klassengegensätze. Er schrieb für einen
breiten Leserkreis, ließ in seinen Romanen einfache Leute in ihrer Mundart
sprechen. Man kann ruhig sagen, das einfache Leben fand mit Gürpinar Eingang
in die Literatur. Die Schauplätze seiner Romane sind immer Istanbul.
Vor allem in den 1930er Jahren beginnt
für die türkische Literatur die unaufhaltsame Öffnung nach Europa. Es entstehen
Werke im Stile europäischer Literatur. Die Schauplätze wechseln zwischen
Istanbul, Ankara und der anatolischen Provinz. Die Werke spiegeln eine
sich wandelnde Gesellschaft, die auf Identitätssuche ist.
Die 1940er Jahre spielen in der türkischen
Literatur eine wichtige Rolle. Waren die Jahre von 1920 bis 1940 die Zeit
der Literaten der Gründungsjahre der Republik, nennt man die Zeit von 1940
bis 1950 die Zeit "der Modernen". In dieser kurzen, für die Gesellschaft
schwierigen Zeit, wurde der Grundstein der modernen türkischen Literatur
gelegt. Die Romane, Novellen und Kurzgeschichten der "Modernen", die schon
Ende der 1930er Jahre ihre ersten literarischen Schritte unternahmen, hatten
die Gesellschaft, den kleinen Großstadt-Menschen mit all seinen Alltagsproblemen,
aber auch den anatolischen Bauern als Thema. Als ein wichtiges Werk aus
dieser Zeit kann man den Roman "Der Fremdling" von Yakup Kadri Karaosmanoğlu
nennen. Dieses Buch ist allerdings seit Jahren vergriffen ist, und wurde
nicht wieder aufgelegt.
Nazım Hikmet, Orhan Kemal, Kemal
Tahir, Samim Kocagöz, Fakir Baykurt, Sabahattin Ali, Ahmet Hamdi
Tanpınar, Sabahattin Kudret Aksal, Sait Faik, Aziz Nesin und Yaşar Kemal
wurden mit ihren sozial-kritischen Romanen und Novellen landesweit, manche
von ihnen auch über die Landesgrenzen hinaus, sehr bekannt.
Sabahattin Ali nennt man den ersten
sozialistischen Realisten der türkischen Literatur. Denn er animiert den
Leser durch seine Erzählungen über die gesellschaftlichen Verhältnisse
nachzudenken. Seine Erzählungen und Romane spielen nicht nur in Istanbul,
sondern auch auf dem Dorf und in der anatolischen Kleinstadt. Seine "Helden"
sind Bauern, Arbeiter, Beamte und Intellektuelle.
Die Literaten der 1940er Jahre
hatten es nicht immer leicht. Vor allem nach 1945 waren ihre kritischen
Werke für die Regierenden immer öfter ein Dorn im Auge. Manche von ihnen
wurden verfolgt, verhaftet, Bücher zensiert und verboten. "Der Denkende
und Schreibende" bereitete auch in den darauf folgenden Jahrzehnten den
Politikern immer wieder Probleme. Bis heute ist es nicht viel anders!
Der 1963 im Moskauer Exil verstorbene
Nazım Hikmet zählt zu den größten Dichtern der Türkei. Er war sein Leben
lang
Revolutionär, politisch wie literarisch. Hikmet war der Begründer und die
kraftvollste Stimme der modernen Lyrik der Türkei. Er hatte nicht nur in
den 1920er Jahre in den literarischen Zirkeln Moskaus die poetischen Techniken
von Dada kennen gelernt, er wurde auch von Majakovskij beeinflusst. Hikmet
brach radikal mit den überlieferten Formen und führte den freien Rhythmus
ein. Er befreite den Vers endgültig von alten Bindungen und wurde zu einem
Welt-Dichter, der mit Pablo Neruda verglichen werden kann. In deutscher
Sprache sind "In jenem Jahr 1941" und "Menschenlandschaften" erschienen.
Doch es schlug auch die Stunde schwer
einzuordnender Einzelgänger, wie etwa eines Ahmet Hamdi Tanpınar, der nachweislich
eines der Vorbilder Orhan Pamuks ist. Nach Pamuks Worten hat Tanpınar mit
seinem 1949 verfassten Roman "Seelenfrieden" das "größte Buch über Istanbul
geschrieben", das je in der Türkei erschien. Pamuk vergleicht es mit dem
"Ulysses" von Joyce.
Der unverwüstliche, inzwischen weit
über 80jährige Yasar Kemal, dessen Romane und Erzählungen teilweise Welterfolge
wurden, wurde 1997 mit dem Frankfurter Friedenspreis ausgezeichnet. Seine
Werke sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. Yasar Kemal hätte schon
lange vor Pamuk den Nobelpreis für Literatur mehr als verdient!
Den in der Türkei sehr bekannten
Schriftsteller Aziz Nesin, kennt man hierzulande kaum. Nesin, Demokrat,
Satiriker und Humanist, war ein Dauergast vor türkischen Gerichten und
verbrachte insgesamt fünf Jahre in Untersuchungshaft. Ins Deutsche sind
bislang nur einige seiner politischen Werke übersetzt worden, u.a.: "Ein
Schiff namens Demokratie", "Wie bereitet man einen Umsturz vor", "Ein Verrückter
auf dem Dach" und "Wie Elefanten-Hamdi verhaftet wurde". Nach seinem Tod
1995 sagte der große Yaşar Kemal über ihn: "Aziz Nesins Eigenschaften,
besonders seine Widerstandskraft, haben ihn zu einen großen Satiriker unserer
Zeit gemacht. Wer lachen kann, kann auch lieben und denken. Aziz Nesin
läßt beim Lachen auch nachdenken, wie Nasreddin Hoca.
Der Autor Orhan Kemal (1914-1970),
der 1952 mit seinem Werk "Cemile" die türkische Literaturszene betrat,
musste zeit seines Lebens Armut ertragen, dazu noch Verleumdungen und Kritik
aus der Autorenzunft. Dem setzte er entgegen: "Kritisiert und schimpft
mich aus, ich habe meine Leser". Seine Helden sind Frauen, Kinder, Ausgestoßene
der Gesellschaft, 'kleine Leute'. In deutscher Übersetzung erschien 1979
sein Werk "Murtaza", 2002 folgte sein Roman "Vaterhaus". Orhan Kemal wurde
leider nicht weiter übersetzt. Denken vielleicht die deutschen Verleger,
er entspricht nicht dem typischen Literatur-Mainstream der Türkei?
Der in Paris lebende Autor Nedim
Gürsel schreibt Romane, die auf postmoderne Weise die Tradition mit der
Moderne verbinden. Zurzeit muss er sich wegen Beleidigung religiöser Gefühle
vor einem Istanbuler Gericht verantworten. Ihm werden beleidigende Aussagen
in seinem 2008 erschienenen Roman Allahs Töchter über den Propheten Mohammed
und den Islam unterstellt. In deutscher Sprache sind von ihm bisher folgende
Werke erschienen:"Die erste Frau", "Die Sieben Derwische", "Ein Sommer
ohne Ende", "Der Eroberer" und "Turbane in Venedig".
Mutige Autorinnen
Das Thema der Frauenemanzipation,
dem Atatürk besondere Bedeutung beimaß, findet in Halide Edip Adıvar (1892-1964)
seine Pionierin. Sie ist ganz vom kemalistischen Geist durchdrungen. Sie
hat mit ihren frühen Romanen die vorrepublikanische Frauengeneration auf
die Emanzipation vorbereitet. In ihrem Meisterwerk "Das Flammenhemd" schildert
sie die kämpfende, gleichberechtigte Frau. Der Hintergrund ihrer Romane
und Geschichten sind die kemalistische Revolution, deren glühende Anhängerin
sie war. In der Jungtürkenzeit (1908-1918) war sie bereits im Erziehungssektor,
in Frauenorganisationen und als Journalistin tätig. Im türkischen Unabhängigkeitskrieg
hat sie mit Mustafa Kemal Atatürk an der Front gestanden. Sie beschreibt
also diese Zeit des Umbruchs und Übergangs vom Osmanischen Reich zur türkischen
Republik als Zeitzeugin. Es ist der faszinierende Lebensweg einer Frau,
die aus der Zeit des Harems den Weg ins öffentliche Leben findet. Halide
Edip Adivar war eine Ausnahmeerscheinung. Sie hat viele Frauen zur Selbstverwirklichung
ermutigt, auch zum Schreiben.
Der Roman wurde vor allem in den
1930er Jahren zu einem Medium, das auf viele Frauen wie eine Droge wirkte.
Seit der Republikgründung entstand eine ungewöhnlich erfolgreiche Unterhaltungsliteratur,
die vor allem von Frauen geschrieben und konsumiert wurde.
Da die meisten Autorinnen aus dem
städtischen Milieu stammten, thematisierten sie vor allem die sozialen
und psychischen Probleme der kleinbürgerlichen Schichten. An der sozialkritischen
Dorfliteratur, die nach 1950 viel Beachtung fand, waren sie nicht beteiligt.
Der ganz große Durchbruch auf der
literarischen Szene gelang den Frauen in den 1960er- und vor allem in den
1970er-Jahren. Es war nun eine Generation herangewachsen, die in der Republik
geboren war und an den säkularen Schulen ihre Sozialisation erfahren hatte.
Sie hatte von der kemalistischen Ideologie, die die Gleichstellung der
Frauen verteidigte, profitiert, den Übergang zum Mehrparteiensystem 1950,
die politischen Auseinandersetzungen zwischen nationalistischen und sozialistischen
Jugendgruppen sowie die Einmischung des Militärs bei den Putschen 1971
und 1980 miterlebt. Alle diese Entwicklungen wurden in einer gesellschaftskritischen
Literatur verarbeitet, wobei eine ganze Reihe begabter Schriftstellerinnen
eine herausragende Rolle spielte.
Manche Literaturkritiker behaupten
sogar, dass die türkischen Autorinnen für formale und sprachliche Experimente
sehr viel offener sind als ihre männlichen Kollegen. Die Autorinnen Adâlet
Ağaoğlu, Pınar Kür, Leyla Erbil und Aslı Erdoğan, deren Werke in den letzten
10 Jahren auch auf Deutsch zu lesen sind, gehören sicher dazu.
Namhafte Autoren der modernen Literatur
Neben dem verstärkten Ausdruck weiblicher
Stimmen und der Thematisierung weiblicher Existenz, der Identitätssuche
und Problematik in den 1980er Jahren, etablierten sich gleichzeitig auch
Themen wie Stadt, Migration, Identitätssuche, Ost-West-Konflikt, Sexualität,
Geschlechterbeziehungen, Minderheitenidentität, Sozialgeschichte, politische
Realität, Provinzrealität, Ausweglosigkeit des Individuums und Entfremdung.
Man kann sagen, dass die Literatur der vergangenen 30 Jahre versucht hat,
die Modernisierung, wie sie in der "frühen republikanischen Phase" seit
etwa 1920 eingesetzt hatte, fortzuentwickeln. 1920-1940 war die Phase des
Kennenlernens der neuen Gesellschaft und ihrer Probleme. 1940-1960 kam
eine literarische Idee hinzu. Man hat nicht nur gefragt, was warum zu erzählen
sei, sondern auch darauf geschaut wurde, wie es zum Ausdruck gebracht werden
solle. In der Phase nach 1970 wurde nicht nur die gesellschaftliche Entwicklung
thematisiert, sondern auch die Außenwelt mit einbezogen. Man hat die internationalen
Ereignisse verstärkt beachtet und es wurde erprobt, wie der Blick auf die
eigene Gesellschaft gestaltet werden könne. Man hat der Gesellschaft den
Spiegel vorgehalten. Diese Epoche brachte den Begriff des "neuen Schriftstellers"
in der türkischen Literatur hervor: Sie betrachten das Leben aus vielerlei
Perspektiven und schreiben bewusst darüber.
Pioniere des 21. Jahrhunderts
Der Militärputsch am 12. September
1980 und seine Folgen werden rückblickend auch als Zäsur für die türkische
Literatur empfunden. Man spricht von postmodernen und globalen Tendenzen,
die nun endgültig den sozialen Realismus abgelöst haben. Die Autoren fingen
gegen Ende der 1980er Jahre an, unterschiedliche Motive im Roman zu verarbeiteten:
von der historischen und sozialen Struktur der Türkei bis hin zum Problem
individuellen Daseins, von der ausweglosen menschlichen Situationen in
Zeiten des Wandels bis hin zum chronistischen Intellektuellenbewusstsein.
Diese Autoren kann man als Pioniere des neuen türkischen Romans des 21.
Jahrhunderts bezeichnen. Zu diesen Autoren gehören Namen wie Inci Aral,
Erendiz Atasü, Murathan Mungan, Hasan Ali Toptaş, Elif Şafak und natürlich
Orhan Pamuk.
Zu den berühmten Autoren der modernen
Literatur gehört außerdem Bilge Karasu. Sein wichtigstes Werk ist der Roman
"Die Nacht". Hier ist noch zu erwähnen die Autorin Tomris Uyar. In ihren
Kurzgeschichten "Traumverkäufer" kommt eine Weltbetrachtung zum Vorschein,
die den Leser sehr zum Nachdenken veranlasst.
Ferit Edgü zählt zu den markantesten
türkischen Literaten. Er ist in Deutschland sicher bekannt, doch unter
einem eher politisch ausgelegten Aspekt. Sein herausragendes literarisches
Können wurde bisher leider nur von wenigen Literaturkritikern gewürdigt.
Die Verfılmung seınes bekanntesten Romans "Ein Winter in Hakkari" bekam
1983 den Silbernen Bären bei den Filmfestspielen in Berlin.
Der türkische Nobelpreisträger für
Literatur, Orhan Pamuk ist ein Romancier, der sich in der Weltliteratur
sehr gut auskennt. Allerdings ist er in der Türkei unter Literatenkollegen
wegen seiner schwachen Stilistik mehr als umstritten. Vielleicht ist er
auch eine Spur zu postmodern. Als Unterhaltung sicher in Ordnung, als Wissensquelle
raten manche bei Pamuk zu Vorsicht. Die Türkologin, Übersetzerin und Kennerin
der türkischen Literaturszene Beatrix Caner schreibt über Pamuk folgendes:
"In Pamuks Romanen ist die Sprache eine Schwachstelle. Es gibt grammatische
Fehler, Syntaxfehler, vor allem aber Stilfehler. Ganz besonders fällt ins
Auge, dass alle Figuren auf die gleiche Art und Weise sprechen." Manche
Kritiker finden sogar, dass gut gelungene Pamuk-Übersetzungen beinahe besser
sind als das Original.
Die Spannweite der inzwischen auf
dem deutschen Büchermarkt präsentierten literarischen Werke aus der Türkei
reicht von klassischen Romanen des 20. Jahrhunderts bis hin zu Werken der
jüngsten Generation türkischer Autorinnen und Autoren. Alle zeigen die
literarische Vielfalt und einen faszinierenden Reichtum der Lebensformen
und Anschauungen. Am Beispiel der Literatur stellt man fest, wie radikal
sich die Türkei seit der Öffnung nach Europa, vor allem seit Gründung der
Republik (1923), von den erstarrten Formen und Konventionen der osmanischen
Traditionen gelöst hat. Besondere Aufmerksamkeit erfährt die wachsende
kosmopolitisch-moderne Literaturszene, aus der immer mehr bedeutende junge
Autoren hervorgehen. Das kreative Spannungsverhältnis zwischen anatolischen
Kulturelementen und westlichen Denkrichtungen und literarischen Strömungen
hat viele Meisterwerke hervorgebracht, die noch zu entdecken sind.