Stuttgarter Nachrichten,
24.09.2003
Rolle der Frauen in der deutschen,
islamischen Gesellschaft / Von Ahmet Arpad
Stuttgart - Auf der Internetseite
des Verfassungsschutzamtes Baden-Württemberg stand im Juli 2001 unter dem
Titel "Kopftuch - mehr als religiöse Bekleidung" zu lesen: "In ihrem Sprachrohr
,Milli Gazete" vom 31. Mai 2001 lädt die IGMG (Milli Görüs) zu einer Konferenz
ein, auf der die Probleme der kopftuchtragenden Mädchen in Schule und Ausbildung
thematisiert werden sollen. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass
das Kopftuch noch eine weitere Aufgabe habe, nämlich die Verbreitung des
Islam. Noch deutlicher wird ein Kolumnist der ,Milli Gazete". Er sieht
die islamische Bekleidung als Symbol, das der Welt eine neue politische
Sichtweise gebe: ,Diese Bekleidung weist unser politisches Symbol auf"."
Ein weiteres Zitat: "Nach herrschendem
Verfassungsverständnis ist es generell zulässig, dass Schüler und Schülerinnen
als Ausdruck ihrer Religion Kleidungsstücke tragen, die einen besonderen
Bezug zu ihrer Religion aufweisen . . . Ein Verbot des Tragens eines Kopftuches
- unabhängig vom Alter der Schülerin - wäre daher im Zweifel rechtswidrig
und kann somit nicht erlassen werden . . ." So antwortete das Ministerium
für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg am 4. Januar 2002 auf eine
Anfrage zum Thema "Tragen eines Kopftuches durch muslimische Schülerinnen".
Was ein Verbot des Tragens eines Kopftuches durch muslimische Schülerinnen
in deutschen Schulen angeht, sind den Kultusministern die Hände gebunden.
Dafür sorgt das Grundgesetz. Absatz I umfasst die Glaubens-, Gewissens-
und Bekenntnisfreiheit und Absatz II die ungestörte Religionsausübung.
Auch religiöse Bekleidungsvorschriften fallen in den Schutzbereich des
Artikels 4. Das Grundgesetz gibt Islamisten alle Freiheiten, ihre Töchter
in der deutschen Gesellschaft nach den Regeln der Scharia zu erziehen und
als Mittel zum Zweck einzusetzen, indem sie sie spätestens in der 5. Klasse
mit Kopftuch in die Schule schicken.
In dem Buch "Spagat mit Kopftuch"
schreibt der türkische Politikwissenschaftler Mehmet Özdemir: "Die Türken
versuchen, sich in der deutschen Gesellschaftsstruktur, die sehr oft in
einem krassen Gegensatz zu den ethischen Vorstellungen des Islam und der
türkischen Kultur steht, zurechtzufinden. Viele türkische Familien haben
große Schwierigkeiten, sich an die deutsche Lebensweise zu gewöhnen." Folge:
Es bilden sich ethnische Inseln, die Schutz bieten. Auf diesem Nährboden
haben sich Fundamentalisten verschiedenster islamischer Sekten niedergelassen.
Ihre Vereine sind inzwischen die Einzigen, die sich um die in Gettos lebenden
Türken kümmern, Sozialdienste leisten und im Bildungsbereich aktiv sind.
Viele Kommunen unterstützen diese finanziell großzügig.
Die islamischen Organisationen in
Deutschland betrachten Europa als Gebiet des Islam und meinen, dass für
die Menschen "islamisierte" Räume geschaffen werden sollten. Eine wachsende
Zahl junger Musliminnen ist nicht mehr bereit, in einer nur geduldeten
Randexistenz zu leben. Sie verlangen Zugang zu den Kernbereichen und Funktionssystemen
der Gesellschaft. Sie erwarten Respekt für ihre religiösen Überzeugungen.
Islamische Organisationen übernehmen die Rolle politischer Lobbyisten für
"religiöse Identität". Gerade Milli Görüs interessiert sich für die in
Deutschland geborenen und aufwachsenden Jugendlichen. Im islamischen Wohnheim
oder Internat werden die Grundlagen eines religiös begründeten Ideologiemixes
gelegt. Mancher junger Muslim erhält an den Hochschulen und Universitäten
durch islamistische Studentengruppen den letzten Schliff.
Um die Belange und Interessen der
muslimischen Frauen und Mädchen in den Gettos kümmern sich die Frauengruppen
islamischer Verbände. Hier ist das "Zentrum für islamische Forschung und
Frauenförderung" von Sabiha El-Zayat, geborene Erbakan, vor allem aber
die Arbeit der "Deutschsprachigen Islamischen Frauen" (DIF) in Köln hervorzuheben.
Die DIF-Vorsitzende Emine Erbakan, die Schwägerin des Islamistenführers
und früheren türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan, brachte
vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel "SchleierHaft" heraus. Darin
zeigt sie muslimischen Frauen Wege, wie die nicht muslimischen Deutschen
mit ihren eigenen gesetzlichen Bestimmungen zu schlagen sind. Zu diesem
Buch schreibt Ursula Spuler-Stegemann, Professorin an der Philipps-Universität
Marburg für Religionsgeschichte, in ihrem Buch "Muslime in Deutschland":
"In diesem Buch wimmelt es von Attacken gegen alles, was die DIF-Frauen
als Unterdrückung ihrer Rechte auf Religionsfreiheit und freie Meinungsäußerung
ansehen."
Ahmet Arpad ist türkischer Journalist.
Er lebt seit vielen Jahren in Stuttgart.
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